Bad Oeynhausen,
Tag der Ethik im HDZ NRW behandelt multikulturelles Konfliktpotential im klinischen Alltag – Experte fordert interkulturelle Kompetenz bei medizinethischen Entscheidungen
Unterschiede in Kultur und Religion gewinnen im Arzt-Patienten-Verhältnis eine zunehmende Bedeutung angesichts eines wachsenden Bevölkerungsanteils von Menschen mit Migrationshintergrund- dieser betrug 27,2 Prozent im Jahr 2021 lt. Angaben des Statistischen Bundesamtes. Daher hat das Klinische Ethik-Komitee des Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW) einen international anerkannten Experten zu diesem Thema, Professor Dr. Dr. Ilhan Ilkilic, zu einem Gastvortrag und Seminartag nach Bad Oeynhausen eingeladen.
„Wir haben Fortbildungsbedarf erkannt, weil kulturelle und religiöse Unterschiede im Klinikalltag mitunter zu Konflikten bei ethischen Entscheidungen am Lebensende führen“, erläutert Pfarrerin Antje Freitag, die zusammen mit Dr. Jost Niedermeyer das Klinische Ethik-Komitee im HDZ NRW leitet.
„Gerade am Lebensende haben für Patienten mit Migrationshintergrund und ihre Familien die eigenen kulturell-religiösen Wertvorstellungen eine maßgebliche Bedeutung. Ärzte und das Pflegeteam fühlen sich in solchen Situationen im Rahmen der intensiv- und palliativmedizinischen Versorgung oft überfordert. Interkulturelle Kompetenz und eine kultursensible Kommunikation helfen hier, Lösungswege zu finden“, sagt Professor Ilkilic, der von 2012 bis 2020 Mitglied des Deutschen Ethikrates war und seit 2016 Mitglied der Zentralen Ethikkomission (ZEKO) bei der Bundesärztekammer ist.
Anhand von Fallbeispielen aus dem klinischen Alltag führt Ilkilic das für die Anwesenden anschaulich aus und hilft die Wertvorstellungen des muslimischen Kulturkreises, die in medizin-ethischen Konflikten eine Bedeutung haben, zu verstehen: Typische Beispiele, die angesprochen wurden, sind laute Trauerreaktionen angesichts des Todes, aber auch Fragen der Patientenautonomie, die für viele Muslime als „Familienautonomie“ im guten Sinne verstanden werden, unterschiedlich muslimische Haltungen zur Organspende und die besondere Rolle von Imamen in ethischen Konflikten.
Die Diskussion mit den Anwesenden zeigt: Die ethische Urteilsfindung in einer wertpluralen Gesellschaft ist eine Herausforderung. Manches Dilemma zwischen dem arztethisch erforderlichen Verhalten und dem kulturbedingten Widerspruch der Angehörigen lässt sich befriedigend nur mit Hilfe von Personen lösen, die eine geübte interkulturelle Kompetenz vorweisen und in ihrer menschlichen Haltung eine hohe Offenheit und echten Respekt für eine ihnen fremde Kultur mitbringen. Prof. Dr. Dr. Ilkilic so erleben und kennenzulernen, war für alle Beteiligten nach eigener Auskunft ein hoher Gewinn.
Prof. Dr. Jan Gummert, Ärztlicher Direktor des HDZ NRW, stellt abschließend fest, eine achtsame und werteorientierte Unternehmenskultur, wie sie im Zentrum seit vielen Jahren gelebt werde, sowie die Vermittlung von entsprechenden Fähigkeiten sollten weiterhin unabdingbare Bestandteile der etablierten Aus-, Weiter- und Fortbildungsmaßnahmen am Klinikum sein.
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