Bad Oeynhausen,
Seit 1997 verleiht der Wirtschaftsclub Bad Oeynhausen e.V. den „Goldenen Apfel“ regelmäßig an eine Person oder Institution, die mit ihrem Projekt zum positiven Image der Stadt maßgeblich beigetragen und Bad Oeynhausen über die Stadtgrenzen hinaus bekannt gemacht hat. Im vergangenen Jahr wurde aufgrund der Infektionslage keine Ehrung vorgenommen. In diesem Jahr – wie könnte es anders sein – wird ein ganz besonderes Engagement in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gewürdigt.
Bad Oeynhausen ist eine Stadt mit vielen verschiedenen medizinischen Einrichtungen, die permanent gegen die Folgen der Viruserkrankung ankämpfen. Eine Einrichtung entwickelte darüber hinaus mit Beginn der Pandemie Behandlungsmethoden, die den Krankheitsverlauf abmildert und die Genesung deutlich unterstützt: das HDZ. Davon profitierten bereits viele Menschen aus Bad Oeynhausen und weit darüber hinaus.
„Zu einem Zeitpunkt, zu dem in Deutschland noch keine Impfstoffe verfügbar und die Therapiemöglichkeiten sehr begrenzt waren, hat Professor Dr. Cornelius Knabbe den Einsatz von Therapeutischem Plasma zur Behandlung von schwerkranken COVID-19-Patienten in unserer Region möglich gemacht“, begründet der Vorsitzende des Wirtschaftsclubs, Kay-Uwe Schneider, die diesjährige Preisvergabe. Der Institutsdirektor für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin am Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen, durfte den goldenen Apfel bei der feierlichen Preisverleihung im GOP Varieté Bad Oeynhausen am Montag, den 29. November 2021, entgegennehmen.
„Der Wirtschaftsclub Bad Oeynhausen würdigt mit der diesjährigen Auszeichnung einen Arzt und Wissenschaftler, dessen ausgewiesene Expertise von Beginn der Corona-Pandemie an durchgehend gefragt ist. Sowohl ärztliche Kollegen als auch Betroffene, sowohl Pressevertreter als auch Entscheidungsträger aus der Politik suchen den Rat des Laborexperten. Ob es um die Einschätzung der Infektionslage, Empfehlungen zu Hygienemaßnahmen, die verschiedenen Analysemethoden zum Nachweis des SARS-CoV2-Virus oder eben gerade diese, von ihm hier in Bad Oeynhausen sehr frühzeitig initiierte Therapiemöglichkeit mittels Rekonvaleszentenplasma geht.“
Expertise und Equipment
Als Laboratoriums- und Transfusionsmediziner habe Knabbe sehr früh erkannt, dass der Einsatz von Antikörperplasma Genesener eine vielversprechende Therapie gegen die COVID-19-Erkrankung sein könnte, zumal diese Behandlungsstrategie auch schon bei anderen Epidemien in der Vergangenheit erfolgreich war, führt Schneider aus. Anfang des Jahres 2020 hatte Professor Knabbe die Herausforderung für seinen Fachbereich wie folgt beschrieben:
„Wir wissen, wie die Gewinnung von Antikörperplasma funktioniert, wie die Präparate eingesetzt werden müssen, und wir verfügen am HDZ NRW über die notwendige Ausstattung, um eine solche Maßnahme umzusetzen.“ Anschließend setzte er alle Hebel in Bewegung, um diese Aufgabe zu meistern und als einer der Ersten die behördliche Genehmigung zur Herstellung und Anwendung des Therapeutischen Plasmas zu erhalten.
Dank der Unterstützung der Bezirksregierung Detmold gelang dies sehr zügig, so dass bereits im März 2020 die ersten, besonders schwer erkrankten COVID-19-Patienten im individuellen Heilversuch im HDZ NRW und anderen Kliniken der Region behandelt werden konnten.
Kaum bekannt geworden, folgte eine Welle der Hilfsbereitschaft, der das HDZ-Labor mit vereinter Bündelung seiner Kapazitäten nachkam. „Täglich erreichten uns Anfragen Genesener, die Plasma spenden wollten. Eine Telefon-Hotline musste eingerichtet, zusätzliche Räumlichkeiten für die Antikörper-Testung und Plasmaspende geschaffen werden“, erinnert sich der Preisträger. In Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern der Region Ostwestfalen-Lippe wurden Patientinnen und Patienten angeschrieben, die sich von der Infektion erholt hatten und als Spendepersonen in Frage kamen. Zugleich galt es im Institut von Professor Knabbe aber auch, mitten in der Pandemie die eigenen Labor- und Testkapazitäten zu erweitern und auf die rasant steigende Nachfrage nach PCR-Tests und Antigen-Schnelltests zu reagieren.
Umsetzung und Forschungsaktivitäten
Parallel dazu begleiteten die wissenschaftlichen Aktivitäten der Studiengruppe von Knabbe das Programm. In Nordrhein-Westfalen kooperierte das HDZ NRW mit weiteren Universitätskliniken, um EU-Fördermittel für den Ausbau der Plasmaspendekapazitäten zu erhalten. Als bereits fast 500 Präparate im HDZ NRW und weiteren Kliniken in Nordrhein-Westfalen eingesetzt und rund 1.000 Liter SARS-CoV-2-Plasma als Ausgangsstoff für die Herstellung von Hyperimmunplasmapräparaten zur Verfügung gestellt waren, traf Anfang dieses Jahres die Mittelzusage der Europäischen Union ein: „Mit rund 700.000 Euro konnten wir zusätzliche Arbeitsplätze für Plasmapheresesysteme und Verarbeitungsanlagen einrichten“, berichtet Knabbe, der sich für die Auszeichnung des Wirtschaftsclubs herzlich im Namen seiner Mitarbeitenden bedankte. „Hut ab vor der Leistung meiner Mannschaft: Rückblickend war die Umsetzung nur möglich dank eines großartigen Teams, das angesichts des akuten Infektionsgeschehens zusammengehalten und zusammengearbeitet hat. Wir waren einfach gemeinsam davon überzeugt, jetzt besonders schnell und effizient handeln zu müssen.“
Und natürlich werde die Arbeit ganz in diesem Sinne in der täglichen Praxis und auf wissenschaftlicher Ebene fortgesetzt. Das Paul-Ehrlich-Institut und das Robert-Koch-Institut haben zwischenzeitlich bestätigt, dass Rekonvaleszentenplasma insbesondere dann zu einer klinischen Verbesserung bei besonders schwer erkrankten COVID-19-Patienten führen kann, wenn es möglichst frühzeitig verabreicht wird, auch wenn Wirkungsnachweise aus randomisierten Studien derzeit noch ausstehen.
„Dass diese Behandlungsoption aus Bad Oeynhausen Schwerkranken früher als andernorts angeboten werden konnte und weitere Einrichtungen in ganz Deutschland dann diesem Beispiel gefolgt sind, ist das herausragende Verdienst von Professor Knabbe“, betonte Kay-Uwe Schneider in seiner Würdigung des Preisträgers. „Wir haben Glück, dass wir in Bad Oeynhausen leben, denn hier haben wir eine erstklassige medizinische Versorgung.“
Hintergrundinformation:
Prof. Dr. med. Cornelius Knabbe ist seit 2010 Direktor des Instituts für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin am Herz- und Diabeteszentrum NRW (HDZ NRW), Bad Oeynhausen. Unter seiner Leitung betreibt das Institut mit einem der größten vollautomatisierten 24-Stunden-Laborsysteme seiner Art eine fest etablierte Hochdurchsatztestung im PCR-Bereich und ist u.a. mit der flächendeckenden Durchführung der Lolli-Testung in der Region Ostwestfalen-Lippe für die Grund- und Förderschulen in OWL beauftragt.
Neben der gesamten laboratoriumsmedizinischen Diagnostik für das eigene Klinikum und zahlreiche weitere Einrichtungen in OWL werden im angeschlossenen UniBlutspendedienst OWL, einem der größten universitären Blutspendeeinrichtungen deutschlandweit, pro Jahr etwa 180.000 Blutprodukte zur Patientenversorgung hergestellt.