In den vergangenen Jahrzehnten ist die Zahl der Übergewichtigen und Adipösen dramatisch angestiegen. Weltweit gelten derzeit 1,6 Milliarden Erwachsene als übergewichtig und 400 Millionen als adipös. Parallel zu der Zunahme der Anzahl Übergewichtiger und Adipöser ist auch ein Anstieg entsprechender Begleit- bzw. Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Hypertonie, Hyperlipidämie und kardiovaskuläre Erkrankungen zu beobachten. Die Compliance der Patienten bei Gewichtsreduktionsmaßnahmen ist häufig unzureichend. Durch intensive Betreuung lässt sich die Effizienz allerdings steigern. Vor diesem Hintergrund wurde ein telemedizinisch betreutes Therapiekonzept zur Gewichtsreduktion übergewichtiger bzw. adipöser Personen getestet.
An der prospektiven, ambulant durchgeführten, einjährigen Studie nahmen 200 Probanden mit einem BMI ≥ 27 kg/m² teil. Die telemedizinische Betreuung erfolgte in den ersten 6 Monaten wöchentlich (automatische Übermittlung des Körpergewichts via Bluetoothtechnik, 20-minütige telefonische Ernährungsberatung nach standardisiertem Wochenprogramm). Nach 6 Monaten erfolgte eine Randomisierung der Teilnehmer in eine weiterhin telemedizinisch betreute Gruppe (Telemedizingruppe) bzw. eine Gruppe ohne zwischenzeitlichen Kontakt zu unserer Klinik (Kontrollgruppe). Zu Beginn sowie nach 6 und 12 Monaten wurden in der Klinik Körpergewicht und –zusammensetzung erfasst. Die kardiovaskulären Risikomarker wie Taillenumfang, Blutdruck, Serum-Triglyzeride und Blutglukose nahmen signifikant ab (P<0.001). Die Häufigkeit eines Metabolischen Syndroms reduzierte sich von 49,5 % auf 42,0 % (P<0.05). In der zweiten Studienhälfte kam es in der Telemedizingruppe lediglich zu einem leichten Gewichtsanstieg von 0,8 kg, der sowohl aus einer (nicht signifikanten) Zunahme der Fettmasse als auch der fettfreien Körpermasse resultierte. In der Kontrollgruppe war der erneute Anstieg des Körpergewichts von 2,1 kg ausschließlich auf eine signifikante Zunahme der Fettmasse zurückzuführen. In dieser Gruppe war auch ein erneuter, leichter Anstieg des Taillenumfangs (P<0.05) und der Blutglukosekonzentration (P<0.05) zu verzeichnen.
Ein telemedizinisch betreutes Programm zur Gewichtsreduktion ist eine effizientere Therapiemethode als die weniger intensive Betreuung ohne Telemedizin. Eine Ausdehnung der Betreuung auf andere telemedizinische Maßnahmen, z.B. Blutdruckkontrolle und EKG-Messung ist möglich, so dass gegebenenfalls eine umfangreiche medizinische Überwachung von adipösen Patienten ermöglicht werden kann. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine erfolgsversprechende medizinische Versorgung im eigenen Heim auch für die Therapie anderer chronischer Erkrankungen, wie beispielsweise Herzinsuffizienz und Hypertonie, geeignet ist.