Die Aortenklappe der 81-jährige Elfriede Majewski  ist stark verschlissen, sie braucht eine neue. Doch eine OP ist hochriskant. Wie ist ihr zu helfen? Dann die rettende Idee. In Zusammenarbeit mit dem Helmholtz-Institut werden Teile ihres Herzens in einem 3D-Drucker in Silikon nachmodelliert. Am Modell wird dann die ideale Position für die neue Klappe gefunden, das ermöglicht einen minimalinvasiven Austausch. 

Die Bilder stimmen ihn nachdenklich, es sind Ultraschall-, Röntgen- und Bilder von der Computertomografie(CT).  Immer wieder blickt der Arzt auf den Bildschirm, fragend, grübelnd, hoffend, nach einer geeigneten Therapie suchend. Er sieht eine verschlissene Aortenklappen-Prothese, deren  Segel nicht mehr schließen.  Als Folge davon fließt  zu viel Blut in die Herzkammer zurück und  zu wenig  in den Körperkreislauf. Die Ersatzklappe der Patientin ist bereits  nach wenigen Jahren verbraucht und  muss dringend ausgetauscht  werden. Aber wie? Lässt sich die neue Prothese so verankern, dass sie nicht undicht wird? Welcher Klappentyp ist geeignet? Fragen über Fragen, aber keine  befriedigenden Antworten.

Der Betrachter ist der Herzchirurg Prof. Dr. Stephan Ensminger.  Für den Oberarzt im Herz- und Diabeteszentrum (HDZ)  ist die Implantation einer neuen Herzklappe reine Routine. Das praktiziert er mehrfach in der Woche. Doch dieser Fall ist kompliziert. Eine Operation am offenen Herzen, mit der das Problem einfacher zu lösen wäre, ist für die 81-jährige Patientin zu riskant. Der Gesundheitszustand der Elfriede Majewski lässt das nicht zu. Sie leidet unter einer hochgradigen Herzinsuffizienz. Das Laufen fällt ihr schwer, seit Wochen schon klagt sie über eine extreme Kurzatmigkeit. Zu Untersuchung muss ihre Tochter Ingrid Plaga sie im Rollstuhl ins HDZ schieben.


Eine hilfreiche Idee

Die  desolate Herzklappe ist erst vier Jahre alt. In 2010 war die Patientin aus Herne noch in so guter körperlicher Verfassung, dass ihre eigene, stark geschädigte Klappe in einem Eingriff am offenen Herzen unter Einsatz einer Herz-Lungenmaschine ausgetauscht werden konnte. Mit dem rasanten Verschleiß ihrer zweiten Aortenklappe war damals nicht zu rechnen.  Es ist das erste Modell einer in der konventionellen OP eingesetzten Aortenklappe, die in einem Stent verankert ist und daher nicht vernäht werden muss. Wie kann der Frau nun geholfen werden? Der Gedanke lässt Prof. Ensminger nicht los. Er weiß, mit ihrer  verschlissenen Klappe hat sie nicht mehr lange zu leben.

Das alles andere überlagernde Problem ist für den Chirurgen die Positionierung der dritten Aortenklappe. Sie müsste in einem minimalinvasiven Eingriff per Katheter in der verbrauchten Klappe verankert werden. Und das ist nicht ganz einfach. Denn die alte Prothese hat ein außergewöhnliches Design, das einen Wechsel erschwert.  Auch weil Erfahrungen damit fehlen. Und das wirft Fragen auf.  Lässt sich diese Klappe und deren Halterung  ausreichend genug dehnen, um dort einen weiteren Stent samt Prothese verankern  zu können? Was ist die geeignete Position? -  Ein komplizierter Fall mit vielen Risiken.

Prof. Ensminger hat schließlich eine Idee, sie könnte die Lösung sein.  Er telefoniert mit dem Helmholtz-Institut der Rheinisch Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen. Der Chirurg erörtert  mit den Wissenschaftlern, ob und wie Teile des Herzens der Patientin in einem Silikonmodell per 3-D-Drucker nachmodelliert werden können. Das erste Experiment dieser Art - es gelingt. Nach Vorlage der CT-Bilder entsteht ein Silikonherz. In dieses  Modell wird dann eine mit der verschlissenen Klappe  identische Version eingebaut.

Direktor Prof. Dr. Jan Gummert und Herzchirurg Prof. Dr. Stephan Ensminger mit dem Silikonmodell.


Testreihe am Silikonmodell

Nun beginnt eine schwierige Testphase. In das Druckerherz  werden schließlich andere Typen von biologischen Klappen unterschiedlicher Hersteller eingesetzt und verschiedenen Funktionsprüfungen unterzogen. Beim Durchströmen einer Flüssigkeit zeichnete eine  Highspeed-Kamera die Bewegungen der Klappensegel auf. Damit lässt sich genauestens überprüfen, ob sich der Klappenersatz so exakt positionieren lässt, dass keine Undichtigkeiten auftreten. Von Bedeutung ist ferner die Größe der Prothese,  sie ist entscheidend für den passenden Druck zwischen Hauptschlagader und linker Herzkammer.  Am Ende der Testreihe ist sich das Team einig, die biologische Klappe der US-Firma Edwards schneidet am besten ab.

Am 9. September 2014 ist es soweit. Der Chirurg setzt Elfriede Majewski in einem minimalinvasiven Eingriff die neue Aortenklappe ein. Bei dem transapikalen Verfahren wird am schlagenden Herzen die auf einen Ballonkatheter montierte Prothese über die Herzspitze bis zur verbrauchten Klappe vorgeschoben. Danach drückt der nun aufgeblasene Ballon die verbrauchte Prothese  beiseite,  und der Katheter entfaltet den Stent mit der eingebauten Klappe. "Für die neue Prothese wurde eine optimale Position gefunden", stellt Prof. Ensminger nach der OP zufrieden fest, "die Klappensegel funktionieren einwandfrei."

Elfriede Majewski ist weltweit die erste Patientin, die mit Hilfe einer Nachbildung ihres Herzens in einem Silikonmodell von einer lebensbedrohlichen und akuten Herzschwäche befreit werden konnte. Der durch den Einsatz der 3D-Drucktechnik erstmals möglich gewordene Aortenklappentausch hat international viel Beachtung gefunden. Mittlerweile hat Prof. Ensminger weitere Patienten auf diese Weise therapieren können. "Dieses Verfahren ist zukunftsweisend ", sagt Prof. Jan Gummert, Direktor der Herzchirurgie im HDZ. "Damit kann auch Patienten geholfen werden, die bislang als inoperabel galten."


Der langersehnte Anruf                        

Die OP hat das Leben der Elfriede Majewski stark verändert. "Sie ist  so fit wie lange nicht mehr", sagt ihre Tochter Ingrid Plaga. Vorbei die Luftnot, auch den Rollstuhl braucht die einstige HDZ-Patientin nicht mehr. Die Frau lebt in einer seniorengerechten Wohnung in Herne, wo sie sich weitgehend selbst versorgt. Dank der neuen Herzklappe hat sie ihre Selbstständigkeit bewahren können.  Frau Majewski ist seit vielen Jahren Witwe. Ihr Mann war Bergmann auf einer Zeche im Ruhrgebiet. Als Folge seiner schweren Arbeit hat er den Ruhestand nicht lange genießen können.

"Meine Mutter ist durch und durch ein Familienmensch", sagt die Tochter. Die Familie ist stattlich. Ihre zwei Kinder, Enkel und Urenkel  kommen regelmäßig zu Besuch. Mindestens einmal in der Woche fährt auch Ingrid Plaga aus dem sauerländischen Plettenberg, wo sie in einer Klinik als Krankenschwester arbeitet,  nach Herne. Ihr hat die Mutter die Entscheidung über ihre medizinischen Behandlungen übertragen.

Das Drama um die Herzklappe ihrer Mutter hat Ingrid Plaga mit einer Mischung aus Bangen und Hoffnung verfolgt. Dann schließlich der langersehnte Anruf aus dem Herzzentrum. Die Operation sei erfolgreich verlaufen, sagt der Chrirurg. "Da bin ich aber sehr, sehr erleichtert", sagt sie. Prof. Ensminger:  "Das geht mir auch so. Ich freue mich  sehr darüber, dass dieses Experiment gelungen ist. Davon werden noch viele Patienten profitieren."

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