Karl Kandler ist ein Arbeitstier, auch mit seinen 69 Jahren denkt er nicht an Ruhestand - trotz Herzinfarkt, jahrelangen Rhythmusstörungen und diversen Eingriffen nach Verschlüssen an den Herzkranzgefäßen und den Beinarterien. Den Ärzten im HDZ NRW gelingt es immer wieder, den Dauerpatienten so zu therapieren, dass er weiterhin beruflich aktiv sein kann.

Sie gelten als Klatschbörsen. In Frisiersalons wird hemmungslos getratscht, über Gott und die Welt und die Königshäuser. Gelegentlich ist auch Nützliches zu hören. Als sich Karl Kandler eines Tages unter dem Frisierumhang in seinem Sessel zurücklehnt, bekommt er eine eindringliche Mahnung zu hören. Horst, sein Stammfriseur, beugt sich zu ihm: "Karl, du gehst ein zu hohes Risiko ein, wenn du nicht sofort einen Kardiologen aufsuchst."

Das war im Herbst 2003. Kandlers Friseur ist seit langem im Ruhestand. Dessen Mahnung ist ihm immer noch präsent, sie bewahrte ihn vor schlimmen gesundheitlichen Folgen. Der Freiberufler erleidet im April 2003 einen Herzinfarkt, er wird in der Uni-Klinik Bochum behandelt und medikamentös eingestellt. Danach agiert er wie vor dem Infarkt. Er stürzt sich wieder in die Arbeit. Vergessen die Herzprobleme, der Stress dominiert wie gehabt seinen Alltag. Seit 2004 wohnt er in Bad Oeynhausen. Von Ostwestfalen über die Autobahn nach Ingolstadt und zurück an einem Tag - ein für ihn übliches Arbeitspensum.

Karl Kandler mit seiner Ehefrau zur Kontrolluntersuchung bei Dr. Eckert.

Eine Zwangspause

Karl Kandler ist ein Macher, seine zunehmenden körperlichen Beschwerden nerven ihn. Er ignoriert sie, sie zehren jedoch langsam seine Energie auf. Damit rückt ihm die Mahnung seines Friseurs verstärkt ins Bewusstsein. Er rafft sich auf und vereinbart einen Termin beim Kardiologen. Kandler lässt sich von ihm gründlich untersuchen, das Ergebnis jagt ihm einen Schrecken ein. "Ihr Zustand", sagte der Arzt unverblümt, "ist äußerst bedenklich. Sie müssen dringend operiert werden."

Eine Operation? Das schockt. Er hat aber keine Wahl. Will er noch eine Zukunft haben, muss er sich der Therapie stellen. Kandler lässt sich in das Herz- und Diabeteszentrum NRW einweisen. Der Befund der HDZ-Ärzte ist alarmierend. Der Infarkt könnte sich wiederholen, allerdings mit weitaus verheerenderen Folgen. Die Diagnose ergibt vier hochgradige Engstellen in seinen Herzkranzgefäßen, sie werden im Oktober 2004 in einer OP von den Chirurgen mit vier Bypässen überbrückt. Dafür entnehmen sie eine Vene aus seinem Unterschenkel.

Während seiner anschließenden Reha im Frühjahr 2004 in der Gollwitzer-Meyer-Klinik in Bad Oeynhausen muss er zu seinem Verdruss erneut beruflich pausieren. Der umtriebige Kandler vermisst seine Aktivitäten, seine Gespräche mit den Kunden, den geschäftlichen Erfolg. Er fühlt sich wie gelähmt, das trübt ihn ein. Er lenkt sich ab mit beruflichen Konzepten, die er gedanklich entwickelt.

Neue Einschränkungen

Kandler ist Fachmann für Verpackungen. Hier kommt es auf jedes Detail an. Das zum Inhalt passende Design, die Anmutung einer Verpackung und ihre das Produkt schützende Funktion sind entscheidende Kriterien für die Ausführung. Das verlangt Kreativität. Er hat so viel Erfahrung gesammelt, dass er vom Wert seiner Arbeit überzeugt ist. Das drückt sich im Preis aus. Da gibt es für ihn Grenzen nach unten. "Prostitution, wie es manche Konkurrenten betreiben", sagt er, "liegt mir nicht. Schließlich hat alles seinen Marktwert."

Manchmal werden ihm die Reha-Tage arg lang, dann vermisst er seine Arbeit. Eines Tages macht er eine Bekanntschaft, die seine Gedanken an Kunden und Verpackungen vertreibt. Er lernt seine künftige Lebenspartnerin Edda kennen, sie ziehen schon bald zusammen. "Ich habe sofort gemerkt", sagt Kandler, Vater einer erwachsenen Tochter aus erster Ehe, "dass zwischen uns alles stimmig war." Als gut zehn Jahre später Bekannte sie fragen, warum sie nicht heiraten, sehen sich beide verwundert an. Warum eigentlich nicht? Sie nehmen das als Anstoß. Am 2. Oktober 2014, "nach elf Jahren Testphase", sagt Kandler scherzhaft, "haben wir dann geheiratet.

Seine Arbeitszeit erfährt weitere Einschränkungen - zwangsweise. Die gesundheitlichen Probleme nehmen zu. "Ich bin mittlerweile zu einem Stammgast im Herzzentrum geworden", sagt er. Nach der Bypass-OP hat er eine Weile Ruhe, bald aber klagt er über starke Schmerzen in den Beinen nach Belastung, die Folge einer arteriellen Durchblutungsstörung. Im Jahr 2006 wird ein Verschluss im linken Oberschenkel diagnostiziert, er wird durch einen Stent beseitigt.

Die Arbeit als Sucht

Von Dr. Siegfried Eckert, Oberarzt in der von Direktor Prof. Dr. Dieter Horstkotte geleiteten HDZ-Klinik für Kardiologie, erfährt Kandler die wesentlichen Ursachen für seine vermehrt auftretenden arteriellen und venösen Störungen. Sie sind eine Langzeitfolge seines jahrelangen Nikotinkonsums, seines Bluthochdrucks und seiner überhöhten Blutfettwerte. Nach der OP hatte er sofort das Rauchen eingestellt, doch seine Arbeit, für ihn wie eine Sucht, schränkt er nur ein, wenn es unbedingt nötig ist.

Eine Fußgängerzone in der Innenstadt, unweit vom Kurpark. Die Wohnung der Kandlers ist hell, geräumig, viele Bilder, rot-beige bezogene Polstermöbel, an einer Wand lehnt eine Gitarre, gelegentlich spielt er sie noch. Karl Kandler erzählt gern, oft in Bildern, häufig auch mit einem Schuss Selbstironie. "Wenn früher der Sensenmann zu mir gekommen wäre, hätte ich ihm gesagt, ich habe jetzt keine Zeit." So umschreibt er seine Besessenheit von der Arbeit.

Karl Kandler ist 69 Jahre alt, doch kein Gedanke ans Rentnerdasein. Der Beruf ist ihm immer noch wichtig, doch sein Befinden hat inzwischen Vorrang. Aus dem Zauderer in Sachen Gesundheit ist ein entschlossener Kümmerer geworden. Und das kam plötzlich. "Eines Tages habe ich mir gesagt, Karl, ab jetzt bist du dir wichtig." Angetrieben von seiner Frau habe er das sofort umgesetzt. Während ihr Mann erzählt, gestikuliert, hört Ehefrau Edda interessiert zu. Sie kennt alle Details seiner Krankengeschichte, hat vieles davon miterlebt, kennt seine Schilderungen in allen Facetten. Doch es langweilt sie nicht, sie signalisiert ihm damit ihr schweigendes und mitfühlendes Einverständnis.

Sägezahnartige Kurven

September 2007, Kandler muss erneut beruflich pausieren. Ihn plagen Herzrhythmusstörungen, ausgelöst durch ein Vorhofflattern. Er spürt das als plötzlich einsetzendes Herzrasen mit hohen Pulsfrequenzen. Die hierfür typische EKG-Darstellung mit den vielen gezackten Kurven erinnert an ein Sägeblatt. Er wird im HDZ einer Ablation unterzogen. Über einen bis zum Herz vorgeschobenen Katheter werden mit leichten Stromstößen die Störungen beseitigt. Weil sie wieder auftreten, wird die Ablation wiederholt. Danach ist das Vorhofflattern nicht mehr aufgetreten.

Ende Juni 2009 sucht Kandler erneut die Ambulanz der HDZ-Kardiologie auf. Er macht sich Sorgen über seine Gesundheit. Diffuse Schmerzen in der Brust und ein Gefühl der Beklemmung verlangen nach Abklärung. Die diversen Untersuchungen ergeben jedoch keine akute Verschlechterung seines Allgemeinzustandes. Die Symptome, die ihn in die HDZ-Kardiologie trieben, sind nach einigen Tagen verschwunden.

Zufrieden mit seinem Zustand ist Kandler trotzdem nicht. In dem Entlassungsbericht wird explizit darauf hingewiesen, dass er mit einem Bodymaßindex von BMI 30,4 stark übergewichtig ist. Die Ärzte raten ihm dringend, durch Gewichtsreduktion und regelmäßige körperliche Bewegung seine Risikofaktoren abzubauen. Dann werde sich auch sein Befinden deutlich verbessern. Er hat sich geschworen, das umzusetzen.

Mit Laser gegen Verkalkungen

Karl Kandler ist nun umsichtig mit sich. Er wird immer mal wieder in der kardiologischen Ambulanz des HDZ vorstellig. Doch die Diagnosen erbringen nichts, was ihn sonderlich beunruhigen müsste. Inzwischen hat er auch sein Gewicht reduziert. Im März 2014 treibt ihn schließlich ein akutes Schmerzproblem ins Herzzentrum. Er kann dem Rat der Kardiologen, sich mehr zu bewegen, nur bedingt folgen. Häufig geht es gut, aber manchmal verspürt auf seinen Spaziergängen bereits nach 100 bis 200 Metern heftige Schmerzen im linken Oberschenkel und in der linken Wade. Braucht er einen weiteren Stent?

Die Kardiologen im HDZ finden heraus, dass sich in der linken Beinarterie eine neue Engstelle gebildet hat, kurz vor dem Stent, der 2006 gelegt wurde. Es sind Kalkablagerungen, die den Blutfluss behindern und ihm die Schmerzen bereiten. Sie werden mit einem Laser beseitigt. Zunächst wird ein Draht bis zu den Ablagerungen vorgeschoben. Der feine Draht dient als Führung, über ihn dringt der Laserkatheter langsam bis zum Enpass vor. Der Laser ist selbst bei winzigen Engstellen von nur wenigen Millimetern wirkungsvoll einsetzbar. "Bei diesem Verfahren", sagt Oberarzt Dr. Eckert, "werden die Verkalkungen mit dem Laser verdampft. So wird vermieden, dass Kalkteilchen in den Blutkreislauf gelangen."

Mitunter geschieht es auf dem Weg ins Herzzentrum oder zum Arzt, dass er schon mal an Horst denken muss. An Horst, den Friseur. An die Gespräche mit ihm und an den Satz mit der Mahnung. Ein Satz mit großer Wirkung. Er ist auch heute noch sehr dankbar dafür. "Damit hat er mir womöglich das Leben gerettet", sagt Kandler. 

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