Dynamische Mikroskopie am Auge
Taubheitsgefühl, Kribbeln und Schmerzen in Beinen oder Füßen können Beschwerden sein, die auf eine diabetesbedingte Nervenstörung, die Polyneuropathie, hinweisen. Es handelt sich um einen schleichenden und in den Symptomen stärker werdenden Effekt, was eine Wahrnehmung durch den Patienten selbst schwierig macht.
Die sogenannte sensomotorische Polyneuropathie betrifft dabei meist periphere Körperregionen wie Füße und Hände. Charakteristisch ist eine symmetrische Ausprägung, die sich als Sensibilitätsverlust oder in einer schmerzhaften Symptomatik darstellt.
Etwa die Hälfte der Patienten mit Diabetes mellitus beschreiben diese Beschwerden. Bislang existieren keine echten Möglichkeiten zur Verlaufsuntersuchung. Die Erkrankung wird oft zufällig im Rahmen der umfassenden Diagnostik festgestellt oder wenn der Patient Anzeichen zeigt.
Die Hornhaut des Auges ist das am dichtesten mit Nervenfasern durchzogene Gewebe des Körpers. Die Struktur der Hornhaut wird mit der sogenannten konfokalen korneale Mikroskopie (CCM) nicht-invasiv untersucht. Neu ist die dynamische Messmethode, bei der statt eines einfachen statischen Abbildes der Hornhaut eine Momentaufnahme in Form einer Bilderserie zur Abbildung der Nervenfasern ausgewertet wird. Somit kann nicht nur ein Ausschnitt der Hornhaut betrachtet werden, sondern es wird ein Großteil der Hornhaut gescannt. Die CCM hat sich als geeignetes Verfahren zum Nachweis von Neuropathien erwiesen, die die kleinen Nervenfasern betreffen wie z.B. bei der Polyneuropathie. Sie kann auch als Verlaufsmarker einer Erholung der kleinen Nervenfasern im frühen Erkrankungsstadium dienen. Die unterschiedliche Länge der kornealen Nervenfasern (bzw. deren Anzahl pro Flächeneinheit) stehen in engen Zusammenhang zum Schweregrad der Polyneuropathie.
Die Forschungsallianz aus Diabeteszentrum im HDZ NRW in Bad Oeynhausen, der Augenpraxisklinik Minden am Johannes-Wesling Klinikum und der Augenklinik der Universitätsmedizin Rostock untersucht die Einsetzbarkeit der dynamischen CCM zur Früherkennung der Polyneuropathie. "Ziel ist es, die Messmethoden zu verfeinern und insbesondere Auswertealgorithmen zu formulieren, die das Messergebnis im Auge dem Stadium der Polyneuropathie richtig zuordnen", sagt Dr. rer. nat. Bernd Stratmann, Forschungsleiter im Diabeteszentrum. Um die Studie zum Abschluss zu bringen, fehlen nur noch wenige Patienten mit milden neuropathischen Beschwerden.